Die Arbeiterkammer fordert ein Gesetz, in dem die Rahmenbedingungen für das Arbeiten von daheim aus klar geregelt sind. Auch die Abgeltung für entstandene Mehrkosten müsse geregelt sein. Schließlich müssten die Arbeitnehmer auch nicht im Büro anteilig diese Kosten übernehmen.
Wien – Die Arbeiterkammer (AK) drängt auf ein Home-Office-Gesetz. “Wir wollen rasch eine klare Regelung”, forderte AK-Präsidentin Renate Anderl am Dienstag in einer Online-Pressekonferenz. Darin müsse auch die Abgeltung für im Home Office entstandene Mehrkosten, wie Strom, Internet oder Heizung geregelt sein. Schließlich müssten die Arbeitnehmer auch nicht im Büro anteilig diese Kosten übernehmen.
Die AK sei dazu bereit, die Verhandlungen für ein Gesetz zu beschleunigen. “An uns liegt es nicht”, sieht Anderl den Ball bei Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP). Diese hatte auf den Frühling verwiesen. Dann sei aber die Pandemie wohl vorbei, während gerade jetzt viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Home Office arbeiten und klare Regelungen bräuchten, urgiert die AK-Chefin. Betriebe mit Betriebsvereinbarungen wollten wissen, ob sie diese verlängern sollen. Home Office müsse immer auf Freiwilligkeit beruhen, niemand dürfe gegen seinen Willen ins Home Office geschickt werden, betont Anderl.
Vier von zehn Arbeitnehmern haben Home-Office-Erfahrung
Das IFES hat im Auftrag der AK Wien eine Studie zu “Zeit- und ortsungebundenem Arbeiten” durchgeführt. Von 2046 im Oktober Befragten haben 816 heuer schon zumindest ab und zu Home Office genutzt. Rund vier von zehn Arbeitnehmern haben also Home Office-Erfahrung. Die meisten Beschäftigten ohne Homeoffice-Erfahrung geben an, dass Arbeiten von zu Hause aus in ihrer Tätigkeit nicht möglich sei. Bei einigen will aber entweder der Arbeitgeber oder sie selber kein Arbeiten von zu Hause aus. Im Vergleich zu einer ersten Befragung im April zeigt sich, dass – von jenen Beschäftigten mit Home-Office-Erfahrung – während des ersten Lockdowns wesentlich mehr Menschen fast immer im Home Office waren, nämlich 60 Prozent, als im Oktober mit nur mehr 15 Prozent.
Was sich seit dem ersten Lockdown im April kaum geändert hat sind die Mängel bei der Ausstattung, erläuterte IFES-Geschäftsführerin Eva Zeglovits. Besonders ein eigener Schreibtisch und ein geeigneter Schreibtischsessel fehlen bei vielen sowohl im April als auch im Oktober. Dabei zeigt sich auch ein Geschlechterunterschied, denn mehr Frauen als Männer haben eine schlechtere Ausstattung im Home Office. So fehlt ein funktionaler Schreibtischsessel einem Viertel der Männer, aber einem Drittel der Frauen. Auch bei Drucker und Headset sind die Männer in Heimarbeit besser ausgerüstet. Ergo: Wenn es in einer Wohnung einen technisch gut ausgestatteten Arbeitsplatz gebe, sitze dort im Zweifelsfall wohl der Mann.
Mangelhaft ist laut Umfrage auch die Ausstattung des Heim-Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber: So sagen fast 90 Prozent der Befragten, sie nutzen ihre private Internetverbindung. Ein Drittel nutzt den privaten Laptop oder PC, 40 Prozent das private Mobiltelefon. Seit dem ersten Lockdown habe sich de facto bei der technischen Ausstattung nichts geändert, die Unternehmen hätten die Zeit nicht genutzt, um den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Home Office bessere technische Ausstattung zur Verfügung zu stellen, konstatierte Zeglovits.
Freiwilligkeit für drei Viertel der Befragten sehr wichtig
Für drei Viertel der Befragten ist auch die Freiwilligkeit von Home Office sehr wichtig, das heißt dass sie zum Umstieg auf Home Office nicht gezwungen werden. Fast 30 Prozent erwarten, dass der Arbeitgeber in Zukunft weniger Arbeitsplätze im Büro zur Verfügung stellen werde – Stichwort Desk Sharing. Home Office müsse Vereinbarungssache sein und niemand dürfe zur Arbeit von zu Hause gezwungen werden, betont Anderl. Bedenklich sieht sie, dass rund ein Drittel in der Umfrage angibt, zu Hause nicht auf die Einhaltung der Ruhezeiten zu achten. Auch im Home Office müsse man Arbeit und Freizeit klar trennen, der Arbeitnehmerschutz gelte auch dort. Und Home Office mit Kinderbetreuung gehe gar nicht.
Besondere Sorgen macht Anderl, dass 60 Prozent der Befragten mit Kindern angaben, statt Pflegefreistellung für ein krankes Kind zu nehmen nun von zu Hause aus zu arbeiten, bei jüngeren Müttern sogar zwei Drittel. 56 Prozent gaben an, im eigenen Krankheitsfall eher von zu Hause aus zu arbeiten statt in Krankenstand zu gehen. “Es darf nicht sein, dass bei kranken Kindern die Mütter keine Pflegefreistellung in Anspruch nehmen und zu Hause arbeiten”, betont Anderl. Es gebe hier klare Regelungen im Arbeitsrecht. Niemand könne arbeiten und gleichzeitig ein krankes Kind pflegen, und niemand könne bei eigener Erkrankung arbeiten.
Auch zu bestehenden Regelungen wurde in der Umfrage nachgefragt: So haben von jenen Arbeitnehmern, die Home Office nutzen und in Betrieben mit einem Betriebsrat arbeiten, 60 Prozent eine Vereinbarung bzw. Betriebsvereinbarung dazu. Dies treffe derzeit vor allem in Großbetrieben zu, erläuterte Anderl. Viele dieser Arbeitgeber hätten der AK signalisiert, dass sie an einer baldigen gesetzlichen Regelung Interesse hätten und derzeit nicht wissen, ob sie ihre oft mit Jahresende auslaufenden Betriebsvereinbarungen verlängern sollen.
Source- tt.com